Begehung Baustelle S21 in 2019
Die Anmutungsqualität des Sichtbetons der Kelchstützen im Bahnhof des Projekts Stuttgart 21 (Architekt Christoph Ingenhoven)
Der geniale Entwurf des Architekten Christoph Ingenhoven mit seinem Tragwerk aus 28 weißen Kelchstützen bewirkt die Einmaligkeit und Schönheit des neuen Stuttgarter Bahnhofs. Die Konstruktion schafft mithilfe des Werkstoffs Beton ein Bauwerk von hohem ökologischen Wert.
Das Wärmespeichervermögen des Betons dämpft Kälte im Winter und Hitze im Sommer. Durch seine tiefe Lage bleibt der Bahnhof bereits von sich aus im Sommer kühl und im Winter durch den Bahnbetrieb warm und benötigt deshalb keine Heizung.
Das Dach erscheint in der Bahnhofshalle als das zentrale Element mit hoher gestalterischer Bedeutung. Um die extrem hohen Ansprüche besonders auch an die optische Qualität der Kelchstützen zu erfüllen, wurden ein spezieller Beton und spezielle Verfahrensschritte bei der Schalung, der Bewehrung und dem Betonieren entwickelt.
Weißer Portlandzement setzt bei seiner Erhärtung (Hydratation) etwa 450 kJ/kg Wärmeenergie frei. Diese Energie kann Beton zum Kochen bringen. Bei den Kelchstützen wird deshalb ein Teil des Portlandzements (Weißzement) durch Hüttensand (Hochofenzement) ersetzt.
Hüttensand enthält natürliche Metallsulfide. Ihre charakteristische Farbe ist dunkelblau. Deshalb erscheint der frisch ausgeschaltete „weiße“ Beton bläulich.
Das Phänomen nennt man „Greening“, ein internationaler Forschungsgegenstand. Der Sauerstoff der Luft (24 %) wandelt mit der Zeit die dunklen Metallsulfide in farblose Metallsulfate um.
Wegen der dreidimensional gekrümmten geometrischen Kontur wurden die Schalungselemente aus massivem Holz gefräst. Die Oberflächen wurden mit Epoxidharz beschichtet, zum Schutz des Holzes aber auch zur Beherrschung der Oberflächenspannung gegen eine Porenansammlung an der Oberfläche.
Ein Wasserabsondern des Betons, genannt Bluten, ist nicht erlaubt. Eine nach der Fuller & Thompson–Theorie optimierte Sieblinie der Gesteinskörnung trägt mit zur Lösung bei.
Bauchemische Produkte optimieren die Stabilität und das Fließverhalten des Betons.
Der Nachweis erfordert:
Das Ziel ist: keine Abplatzungen. In besonders deutlicher Weise erfüllt nicht zuletzt wegen des geringeren Wassergehalts der Beton mit der Gesteinskörnung 0/16 mm gegenüber feineren Mischungen diese Anforderung. In jedem Fall muss Marmor (Kalkstein) als Gesteinskörnung verwendet werden.
Günstig ist nicht nur das E–Modul-Verhältnis von Kalkstein gegenüber Zementstein, sondern Kalkstein bleibt im Gegensatz zum Quarz bei Temperaturen über 573 °C (Quarzsprung) in seinem Volumen stabil.
Eine Restfeuchte von mehr als 5 % würde zu Abplatzungen im Brandversuch bereits bei Temperaturen von 100 bis 150 °C führen. Deshalb werden der Betonmischung 2 kg Kunststofffasern pro Kubikmeter Beton zugesetzt, die den Wasserdampf bei Überdruck ableiten.
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